von Torsten Weyers
Mittwoch, 23.02.23, 19:00 Uhr / Mittelrheinpokal Viertelfinale / FC Hürth – 1.FC Düren
Nach den Siegen gegen Fortuna Köln und BW Friesdorf stand die Runde der letzten Acht mit der Partie gegen den 1.FC Düren an. Einen Gegner, den man aus den letzten Jahren in der Mittelrheinliga kennt und der, nach souveränem Aufstieg, inzwischen in der Regionalliga West spielt. Fünfte gegen Vierte Liga. Genau dort befindet sich die Grenze zwischen Amateur- und Profifußball. Und der 1.FC Düren hat eine Menge investiert, was Aufwand und Geld angeht, dass dem Profitum näher kommt bis entspricht. Der ohnehin schon mit ligahoch-erfahrenen Spielern (Matuszczyk, Brasic, Owusu, Geimer usw.) besetzte Kader, wurde im Winter mit dem nicht unbekannten Christian Clemens (über 200 Spiele in 1. Und 2. Bundesliga), aber auch Spielern mit noch junger und zugleich anspruchsvoller Vita wie Bakhat, Goden und Winke weiter verstärkt. Außerdem übernahm noch im Lauf der Hinrunde Boris Schommers das Traineramt. Er war zuvor Trainer beim 1.FC Nürnberg, dem 1.FC Kaiserlauten und der U19 des 1.FC Köln. Der Abstieg aus der Regionalliga West, das dürfte bei all den Investitionen klar sein, soll unbedingt vermieden werden.
Also ein ganz schönes Brett für den FCH. Zumal man in diesem Jahr noch kein Pflichtspiel hatte, Düren deren drei, und sich die Personalsituation in der Winterpause nicht verbessert, sondern eher verschlechtert hat. Miszkiewicz, Hoffmann, Ziegler, Schmitz, Yalcin, Fiegen, L. Göker und Bonsu fehlten im Kader. Dazu die Winterabgänge von Djemail und Almeida. Alles andere als gute Voraussetzungen. Gefragt waren also wieder die taktisch gute Arbeit von Trainer Heitmann und die hohe Kampfmentalität der Spieler.
Der FC Hürth spielte in einem 4-4-2 mir einem offensiven Keshta und dem defensiven Kato im Mittelfeld. Man wollte sich nicht verstecken. Den rechten Verteidigerposten übernahm (vermutlich aus der Not) Stürmer Sabuktekin. Und das war ein Volltreffer. Wenn es technisch guten Stürmern an Toreffektivität mangelt, kann die Versetzung in die Defensive ein Gewinn für alle sein. Moritz Loppe und Mehmet-Kaan Lal – von der zweiten in die erste Mannschaft gerückt – standen zum ersten Mal in dieser Saison überhaupt im Kader, durften direkt beginnen und machten das gut. Dies in den Trikots der abgewanderten Woo-Zwillinge. Nun, Weihnachten, Karneval, da kann man das Beflocken schon mal vergessen. Später kamen mit Nils Mallossek und Moritz Rommel noch zwei weitere Saisondebütanten ins Spiel, und erfüllten ihre Aufgaben ebenfalls ordentlich. Im Tor stand wie üblich im Pokal Julian Mehl. Der personifizierte Pokalschreck Tomoya Ito saß zunächst auf der Bank.
Düren sortierte sich in einem 4-3-3, wobei die beiden Außenverteidiger Goden und Geimer, die von ihrer Grundposition her keine solchen sind, die Viererkette sehr offensiv interpretierten. Ihre Nominierung geschah nicht aus einem Personalmangel heraus, die etatmäßigen Außenverteidiger saßen wie auch Ex-FC-Spieler Clemens zunächst auf der Bank. Man wollte wohl von Beginn an äußerst offensiv und pressend loslegen. Dabei wechselten sich Brasnic und Harnafi flexibel in der zentralen Spitze ab.
So kam es auch. Düren legte los wie die Feuerwehr und kam in der 2. Minute direkt zu einem Eckball. Nun, bei einem Eckball spielt das Tempo jetzt nicht so eine Rolle, sondern Zuordnung und Orientierung. Die hatte der FC Hürth da noch nicht. Es stellt sich aber auch die Frage, ob man einen Kopfball vom 2,05m-Torschützen Elias Egouli überhaupt verteidigen kann, wenn der Ball – wie geschehen – von Marc Brasnic haargenau hereingeben wird. Nach zwei Minuten 0:1 hinten, da konnte man einen Kantersieg befürchten. Düren hatte hiernach das Spiel im Griff. Kam bis zur 30. Minute zu acht weiteren Torraumszenen bis Chancen, aber keine so großen, die man unbedingt hätte verwerten müssen. Der FC Hürth sorgte offensiv bis dahin nur einmal für Gefahr. In der 21. Minute war Lal rechts durch, flankte sauber nach innen, aber Kametas kam die berühmt wenigen Schritte zu spät. Die ersten 30 Minuten gingen klar an Düren, Hürth hatte offensiv nichts hinzuzufügen. Aber genau hier wurde der Grundstein gelegt, dass es noch zu einem spannenden Pokalfight wurde. Wenn nach vorne nichts geht, dann alle Konzentration dem Verteidigen. Hürth hatte sich ins Spiel gekämpft und gelangte so nach einer halben Stunde in ein ausgeglichenes Spiel. Auch dadurch bedingt, dass die Dürener ab da im Tempo – ob gewollt oder ungewollt – nachließen. Ausgerechnet in dieser Phase und auch noch kurz vor der Pause folgte die nächste kalte Dusche. Goden als Passgeber und Harnafi als Torschütze sorgten in der 43. Minuten für ein technisch fein herausgespieltes 0:2. Ebenfalls schwer zu verteidigen, allerdings wahrten die Hürther auch eine schon zu höfliche Distanz zum Gegner. Erneut hätte man denken können, das wars schon, aber Yousef Keshta bracht den FCH mit einem sogenannten Sonntagsschuss kurz nach der Pause in der 48. Minute wieder ins Spiel. Hiernach hatte Hürth sogar mehr Spielanteile, machte bissigen Druck, das Publikum feuerte nun an, erspielte sich aber nur eine Halbchance durch einen Fernschuss von Jakob Göker, der einen guten Meter neben dem Tor vorbeiging. Bei einem schnellen Konter in der 50. über Park und dann Lal, wobei dieser dann im Strafraum zu Boden ging, forderte das Hürther Publikum Elfmeter. Vermutlich eine zu parteiische Sichtweise, die der Schiedsrichter nicht annahm. Dafür lag er in den nächsten 10 Minuten gleich dreimal zu Gunsten der Dürener falsch. Keine – wie man oft denkt – spielentscheidenden Szenen. Er sah zwei Fouls und Handspiel nicht oder anders. Damit blockierte er aber einen an sich fälligen Vorteil in der Spielführung. Für einen Außenseiter ein hoher Wert. Als von Düren offensiv länger nichts mehr zu sehen war, kam es zu einem eigentlich harmlosen Angriff. Bei diesem passte am Ende der eingewechselte David Bors auf den ebenfalls eingewechselten Mike Owusu und dieser markierte in der 72. Minute recht leicht das 1:3. Wieder hatte man den Dürenern zu viel Platz gelassen. Aber ebenfalls wieder kam der FCH zurück und sorgte für mehr Druck als Düren. Vielleicht deswegen entschied sich der erfahrene Dürener Spieler Philipp Simon in der 80. Minute für eine Schwalbe mit sterbendem Schwan-Geschrei. Er wollte vermutlich Luft und Gegner aus dem Spiel nehmen. Ungünstig ist jedoch, das an der Auslinie einen Meter vor dem gegnerischen Publikum zu versuchen. Dann steigt doch schon mal schnell die Scham in einem hoch, man springt auf und läuft plötzlich wieder ganz wie von selbst, und zwar weg vom angeblichen Tatort. Wie dem auch sei, Pokalschreck Tomoya Ito, seit der 70. Minute auf dem Platz, konnte das nicht beeindrucken. Er markierte nach Ecke von Keshta per Kopf das 2:3. Dies ließ FCD-Trainer Schommers im Interview mit dem Dürener Y-Kanal die Nase rümpfen: „Umso ärgerlicher, dass ein Kopfballtor durch einen relativ kleinen Spieler erzielt wird.“ Na ja, man kann auch sagen, statistisch interessant: Der kleinste und größte Spieler tragen sich jeweils als Kopfballtorschütze ein. Nun witterten Team und Publikum doch noch eine Chance. Der FCH machte weiter Druck, aber Düren spielte jetzt konsequenter, härter gegen den Ball, kam zu Befreiungsläufen, die Hürth die Kraft in der offensiven Konzentration nahmen, so dass man sich keine Torchance mehr erspielte.
In der ersten halben Stunde war Hürth deutlich unterlegen. Düren verstand es, nach der frühen Führung und bei 11:3 Offensivkationen, aber nicht Top-Chancen zu kreieren. Ausgerechnet in den Phasen, wo Hürth auf Augenhöhe agierte, das Offensivaktionsminus immer mehr tilgte, schlug Düren zweimal gekonnt zu. Am Ende war es, was die Spielanteile und Offensivaktionen angeht, sogar ein ausgeglichenes Spiel. Allerdings hatte Düren eine höhere Chancenqualität (Keshtas Supertor war ja keine Großchance, sondern einfach klasse gemacht) und dort, wo es am Ende drauf ankommt, beim Verteidigen und Tore schießen, eine dann auch klassenhöhere Qualität.
FCH: Mehl – Sabuktekin (78. Mallossek), Fleischer, Park, Gaun – Kato (90. Rommel), J. Göker, Loppe (76. Tchakoumi), Keshta – Lal (58. Kursunlu), Kametas (70. Ito) –
FCD: Bade – Goden, Egouli, Winke, Geimer (77. Wipperfürth) – Matuszczyk, Kühnel, Simon – Stromberg (63. Owusu), Harnafi (71. Clemens), Brasnic (63. Bors) –
Torchancen: 1:3 (Offensivaktionen: 16:16 / Qualität: 35%:42% / Tordifferenzindex 0:1,1)
Tore: 0:1 Egouli (Brasnic) 29., 0:2 Harnafi (Goden) 43., 1:2 Keshta (—) 48., 1:3 Owusu (Bors) 72., 2:3 Ito (Keshta) 82.
SR: Marc Jäger – Zuschauer: 500